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HDL-Konzentration und kardiovaskuläres Risiko - Neue Erkenntnisse zur Aussagekraft des HDL/LDL-Quotienten

Das hydrophobe Cholesterin wird für den Transport im Blut in unterschiedlich große und dichte Transportvesikel verpackt, die Lipoproteine. Man unterscheidet insbesondere das High Density Lipoprotein (HDL) und das Low Density Lipoprotein (LDL).

HDL wurde lange aufgrund seiner Eigenschaft, überschüssiges Cholesterin aus den peripheren Geweben aufzunehmen und zur Leber zu transportieren, wo es über die Galle ausgeschieden wird, als „gutes“ Lipoprotein tituliert.

Sein Gegenspieler, das „schlechte“ LDL, transportiert das Cholesterin vorwiegend in die umgekehrte Richtung, indem es das von der Leber gebildete Cholesterin aufnimmt und den peripheren Zellen, auch in den Arterienwänden, zuführt. Dort wird es als Grundsubstanz von Membranen und wesentlichen Stoffwechselvorgängen benötigt.

Eine übermäßige Ablagerung im Gefäßendothel führt schließlich zur Atherosklerose. Lange galt der Quotient aus HDL-C und LDL-C daher als zentrale Größe in der Beurteilung des kardiovaskulären Risikos des Patienten.

Nachdem immer mehr Publikationen zeigen konnten, dass ein hoher HDL-Cholesterinwert einen hohen LDL-Wert aber nur begrenzt kompensieren kann, richten sich heute die von den einschlägigen Fachgesellschaften formulierten Therapieziele vorwiegend an den LDL-Werten aus. Laut aktueller Leitlinien der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (DGFF) bestehen bei einer primären Hypercholesterinämie (LDL-Cholesterinkonzentration erhöht) unterschiedlich hohe Risiken.

Leicht erhöhtes kardiovaskuläres Risiko:

  • Gesamtcholesterin 200 – 300 mg/dl (5,16 – 7,74 mmol/l)
  • LDL-Cholesterin > 160 mg/dl (4,13 mmol/l) und nicht mehr als 1 zusätzlicher Risikofaktor
  • Triglyceride < 150 mg/dl (1,70 mmol/l)

Mäßig erhöhtes kardiovaskuläres Risiko:

  • Gesamtcholesterin 200 – 300 mg/dl (5,16 – 7,74 mmol/l)
  • LDL-Cholesterin > 130 mg/dl (3,35 mmol/l) und 2 und mehr zusätzliche Risikofaktoren
  • Triglyceride < 150 mg/dl (1,70 mmol/l)

Ein hohes kardiovaskuläres Risiko
besteht bei Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit, Diabetes und äquivalentem Risiko, wenn:

  • Gesamtcholesterin > 200 mg/dl (5,16 mmol/l)
  • LDL > 100 mg/dl (2,58 mmol/l)
  • Triglyceride < 150 mg/dl (1,70 mmol/l).

Eine kürzlich von Zanoni, Rader et al. in „Science“ publizierte Arbeit geht an dieser Stelle sogar noch weiter und konnte erstmalig zeigen, dass nicht nur hohe LDL-Konzentrationen, sondern auch genetisch bedingte hohe HDL-Konzentrationen das kardiovaskuläre Risiko erhöhen können.

Die Wissenschaftler von der University of Pennsylvania in Philadelphia hatten entscheidende Bereiche im Erbgut von 328 Menschen mit besonders hohem HDL-C-Spiegel analysiert, um den genetischen Ursachen solcher Werte auf die Spur zu kommen. Dabei konzentrierten sie sich auf das Gen Scarb1, das spezifisch für den SR-B1-Rezeptor kodiert, der vor allem in der Leber exprimiert wird, dort lipidbeladenes HDL-Cholesterin bindet und so dafür sorgt, dass dieses aus dem Blut entfernt wird.

Mithilfe von Hepatozyten aus Stammzellen einer Patientin ließ sich zeigen, dass der Rezeptor durch eine Punktmutation (P376L; Leucin statt Prolin) seine Funktionsfähigkeit verliert und die Hepatozyten somit weit weniger HDL-C aufnehmen und eliminieren können als normalerweise. Auch bei weiteren Mutationsträgern wurden höhere HDL-C-Spiegel sowie ein deutlich erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck nachgewiesen.

Die Beziehungen zwischen HDL-Konzentration und kardiovaskulärem Risiko können durch den HDL/LDL-Quotienten nicht mehr ausreichend dargestellt werden. Aus diesem Grund stellt unser Labor diesen nicht mehr routinemäßig auf dem Befund dar.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

PD Dr. med. Olav Gressner
Facharzt für Laboratoriumsmedizin,
anerkannter Klinischer Chemiker (DGKL)
Tel.: 0221 940 505 614
E-Mail: o.gressner@wisplinghoff.de