Sidebar

News

Vermehrt Fälle von Parvovirus-B19-Infektionen

Parvovirus B19 ist der Erreger der Ringelröteln, die zu den klassischen Kinderkrankheiten gehören. Da das Virus insbesondere bei Kindern einen charakteristischen Hautausschlag verursacht, wird die Infektionskrankheit im englischen Sprachraum auch als „slapped cheek disease“ oder „fifth disease“ bezeichnet. Der Ausdruck nimmt Bezug auf die fünf klassischen Kinderkrankheiten Masern, Röteln, Windpocken, Scharlach sowie Ringelröteln.

Inkubationszeit und Infektiosität

Die angegebene Inkubationszeit beträgt durchschnittlich 7 – 14 (18) Tage. Die höchste Infektiosität besteht ca. 5 – 10 Tage nach Exposition. Zu diesem Zeitpunkt ist die bzw. der Infizierte meist noch asymptomatisch oder weist nur unspezifische Beschwerden auf. Als Faustformel rechnet man mit einer Infektiosität ca. eine Woche vor sowie eine Woche nach Beginn der Symptome. Mit Auftreten des Erythems klingt die Infektiosität ab.

Epidemiologie

Das Virus wird im Rahmen einer Tröpfcheninfektion übertragen. Insbesondere in Kitas und Kindergärten treten Ringelröteln immer wieder gehäuft auf. Eine Ansteckung besonders für Schwangere mit kleinen Kindern ist im häuslichen Umfeld im Sinne einer Expositionsprophylaxe kaum zu verhindern.

Klinische Manifestation

Der überwiegende Anteil aller Parvovirus-B19-Infektionen verläuft bei Immunkompetenten entweder gänzlich asymptomatisch (ca. 25 %) oder mit nur unspezifischer grippeähnlicher Allgemeinsymptomatik (ca. 50 %) wie Myalgien, Abgeschlagenheit und subfebrilen Temperaturen. 

Die klassische klinische Manifestationsform im Kindesalter ist das Erythema infectiosum (Ringelröteln). Meist beginnend mit unspezifischen Prodromi wie Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit und Diarrhoe, gefolgt von einem Erythem der Wangen mit perioraler Aussparung. Nach einem erneuten Zeitintervall zeigt sich ein girlandenförmiges Exanthem, das sich vom Stamm zu den Extremitäten ausbreitet.  

Die Antikörperbildung führt zur sogenannten Immunkomplex-Bildung (Antigen-Antikörper), in deren Folge das typische Erythem entsteht oder zu den infektbedingten Arthralgien führt.

Erwachsene zeigen seltener das klassische Erythem, sondern neigen eher zu symmetrischen Arthropathien der kleinen Gelenke mit teilweise langanhaltenden Arthralgien. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In seltenen Fällen kommt es durch den Tropismus zur Erythropoese – insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit hämatologischer Grunderkrankung –, zu transienten aplastischen Krisen bzw. schweren Anämien. Bei Immunsupprimierten kann sich eine isolierte aplastische Anämie („pure red cell aplasia“) entwickeln.

Besondere Bedeutung in der Schwangerschaft

Obwohl Ringelröteln zu den Kinderkrankheiten zählen, ist gut ein Drittel der Erwachsenen – und damit auch der Schwangeren – seronegativ und somit suszeptibel für eine Parvovirus-B19-Infektion.

Auch wenn der Großteil der Infektionen in der Schwangerschaft eher harmlos verläuft, gilt die Aufmerksamkeit den potenziell schweren fetalen Verläufen. 

Bei Schwangeren mit akuter Parvovirus-B19-Infektion in der Frühschwangerschaft kann es in wenigen Fällen zu einem Spontanabort kommen. Danach, ca. von der 9. – 20. Schwangerschaftswoche, kann die Virusinfektion zu einer teilweise schweren Anämie mit konsekutiver Herzinsuffizienz des ungeborenen Kindes führen, in deren Folge ein Hydrops fetalis entsteht. Unbehandelt kann diese fetale Komplikation zum intrauterinen Fruchttod führen.

Diagnostik

Bei Verdacht auf eine akute Infektion erfolgt eine Bestimmung der Parvovirus-B19-IgG- und -IgM-Antikörper im Vollblut (Serum). Eine Parvovirus-PCR (EDTA-Blut) gibt Auskunft über die Höhe der Viruslast. 

Bei Schwangeren wird bei Kontakt zu einer infizierten Person ebenfalls die Bestimmung der IgG- und IgM-Antikörper empfohlen. Eine Bestimmung der Virämie mittels PCR (EDTA-Blut) kann ab dem siebten Tag nach Kontakt erwogen werden.

Bei klinischen Zeichen des Feten, wie zum Beispiel eines Hydrops fetalis, ist der Ausschluss einer Infektion mit Parvovirus B19 indiziert. Die Parvovirus-B19-IgM-Antikörper können jedoch relativ schnell absinken, sodass bei dieser Befundkonstellation (IgG positiv und IgM negativ) eine ergänzende Bestimmung der Viruslast mittels PCR notwendig ist.

Therapie

Bei einer akuten Infektion in der Schwangerschaft sind engmaschige sonografische bzw. doppler-sonografische Kontrollen des Kindes ungeachtet der Schwangerschaftswoche zu empfehlen. Bei schweren Verläufen kann eine invasive Pränataldiagnostik erwogen werden, auch in Kombinationen mit einer intrauterinen fetalen Transfusion.

Aktuell existiert kein Impfstoff, eine passive Immunglobulingabe als Postexpositionsprophylaxe steht ebenfalls nicht zur Verfügung.

Die Therapie ist symptomatisch und orientiert sich am Schweregrad der klinischen Beschwerden.

Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die Richtlinien zum Arbeitsschutz schwangerer Frauen, insbesondere das Beschäftigungsverbot von seronegativen Schwangeren in Einrichtungen mit erhöhten Ansteckungsrisiko (z.B. Kindergarten, Kita). 

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung:

Dr. med. Eva Katharina Fatouros
Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie,
Fachärztin für Innere Medizin
Tel.: +49 221 940 505 369
E-Mail: k.fatouros@wisplinghoff.de

Dr. med. Roger Grosser
Facharzt für Laboratoriumsmedizin,
Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
Tel.: +49 221 940 505 202
E-Mail: r.grosser@wisplinghoff.de