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Masern 2017 – bereits mehr Infektionen als im Jahr 2016

In Italien ist aufgrund der dort vorherrschenden Masernepidemie eine Impfpflicht für Kinder eingeführt worden.

In den vergangenen Wochen und Monaten zeigen sich auch in Deutschland zunehmend Infektionen mit dem Masernvirus. Im Mai verstarb eine Mutter im Alter von 37 Jahren an Masern in einem Essener Krankenhaus.
Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurden bis Ende April bereits mehr Masernfälle gemeldet als im gesamten Jahr 2016. Bundesweit wurden 583 Fälle registriert: In Nordrhein-Westfalen sind es 330 Personen, allein 258 Fälle in Duisburg. Eine Häufung zeigt sich bei Personen mit mangelndem bzw. fehlendem Immunschutz gegen das Masernvirus. Es erkranken neben Kleinkindern auch junge Erwachsene. Die Gruppe der jungen Erwachsenen weist mittlerweile erhebliche Impflücken bei Masern auf. Auch eine einzelne, lange zurückliegende Impfung gegen Masern verspricht keinen sicheren Schutz (siehe Impfempfehlungen unten).
Die Masern sind eine systemische Virusinfektion mit zweiphasigem Verlauf. Masern haben einen sehr hohen Kontagiösitätsindex und zählen somit zu den ansteckendsten Erkrankungen. Die Infektion erfolgt als Tröpfcheninfektion oder Kontakt zu infektiösen Sekreten. Eine Masernvirusinfektion stört das Immunsystem und begünstigt damit insbesondere eine bakterielle Superinfektion.

Klinische Symptome
Klinische Symptome sind Fieber, Konjunktivitis, Enanthem der Mundschleimhaut, Koplik'sche Flecken, Husten, Schnupfen, makulopapulöses Exanthem: bräunlich-rosa konfluierend, zuerst im Gesicht und retroaurikulär, rasch generalisiertes Exanthem, zeitweise Immunsuppression

Zu den Komplikationen zählen: Otitis media, Pneumonie, schwere bakterielle Superinfektion, Enzephalitis, SSPE, Tod

Ansteckung
Die Patienten sind schon 3 – 5 Tage vor Auftreten des Exanthems bis circa 4 Tage nach Beginn des Exanthems ansteckend.

Inkubationszeit
In der Regel sind es 8 – 10 Tage zum katarrhalischen Stadium, circa 14 Tage bis zum Ausbruch des Exanthems.

Therapie
Derzeit ist keine spezielle antivirale Therapie verfügbar. Neben symptomatischen Maßnahmen kommt bei Bedarf (bakterielle Superinfektion) eine antibiotische Behandlung infrage.
Masern können zu ernsthaften gesundheitlichen Komplikationen führen. Bei einer Infektion stellt sich für etwa sechs Wochen eine vorübergehende Immunschwäche ein, die eine bakterielle Superinfektion begünstigt: Am häufigsten kommt es zu Otitis media, Pneumonie, Bronchitis oder Diarrhöe. Besonders gefürchtet ist die postinfektiöse Masernenzephalitis, die jeden 1.000 Patienten trifft. Sie macht sich circa 4 – 7 Tage nach Auftreten des Hautausschlags durch Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma bemerkbar. In 2 – 3 von zehn Fällen tragen Erkrankte bleibende Schäden am Zentralnervensystem (ZNS) davon, bei 1 – 2 von zehn endet sie tödlich.
Eine seltene Spätfolge einer Maserninfektion ist die stets tödlich endende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE): Sie manifestiert sich meist 6 – 8 Jahre nach der Infektion und geht mit neurologischen Störungen und Ausfällen einher. Kinder unter 5 Jahren sind empfänglicher; in dieser Gruppe zeigen sich 20 – 60 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen. Bei älteren Betroffenen liegt die Zahl bei etwa 4 – 11 Fällen pro 100.000.

Mitigierte Masern
Es handelt sich um einen abgeschwächten Infektionsverlauf. Die Patienten weisen zum Zeitpunkt der Infektion einen Restschutz auf, zum Beispiel durch einen noch verbliebenen maternalen Nestschutz oder im Rahmen eines Impfdurchbruchs bei inkompletter Impfimmunität. Das klinische Bild ist häufig abgeschwächt, ein untypisches Exanthem ist möglich. Von einer Infektiosität der Betroffenen ist auszugehen.

Meldepflicht
Die Masernerkrankung, aber auch schon der klinische Verdacht der Infektion ist nach IfSG meldepflichtig.

Labordiagnostik
Eine Infektion kann durch einen kombinierten Masern-IgG- und -IgM-Antikörpernachweis bestätigt werden. Die Masern-IgM-Antikörper sind mit Auftreten des Exanthems in der Regel positiv. Bei einem Teil der Infizierten kann die Serokonversion zu Masern-IgM-Ak um wenige Tage verzögert auftreten; hier ist eine Verlaufskontrolle indiziert. Es kann die Ausnahmekennziffer 32006 eingesetzt werden.

Zusätzlich ist eine Masern-RNA-PCR aus geeignetem Material wie zum Beispiel Blut, Konjunktival- oder Rachenabstrich möglich. Derzeit ist die Masern-PCR keine Leistung der GKV.

Immunschutz
Der Immunstatus kann mittels Masern-IgG-Antikörperbestimmung geprüft werden.   

Masernschutzimpfung
Die Masernschutzimpfung zählt zu den von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Standardimpfungen. Sie erfolgt mit einem Lebendimpfstoff aus abgeschwächten Masernviren – in der Regel als Kombinationsimpfstoff MMR oder MMRV. Die Impfung erzeugt eine humoral und zellulär vermittelte Immunität.

  • Standardimpfung Kinder: zwei Dosen (1.: 11 – 14 Monate, 2.: 15 – 23 Monate)
  • einmalige MMR-Standardimpfung für alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren und ungeimpft sind oder als Kind nur einmal geimpft wurden oder bei denen der Impfstatus unklar ist
  • Bei entsprechender epidemiologischer Lage kann auch schon ab dem 9. Lebensmonat geimpft werden.

Zwei dokumentierte Masernimpfungen sprechen für einen ausreichenden Schutz vor einer Maserninfektion. Man geht nach der zweiten Masernimpfung von einer Impfeffektivität zur Verhinderung einer Masernerkrankung von 92 – 99 % aus.

Postexpositionsprophylaxe
Kinder ab dem 9. Lebensmonat und Personen mit nur einer Masernimpfung sowie Personen mit unklarem Impfstatus können bis zu drei Tage nach Exposition eine Masernimpfung, vornehmlich MMR-Impfstoff, erhalten.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. med. Roger Grosser
Facharzt für Laboratoriumsmedizin
Facharzt für Mikrobiologie, Virologie, Infektionsepidemiologie
Tel.: 0221 940 505 202
E-Mail: r.grosser@wisplinghoff.de