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Durchflusszytometrische Diagnostik der Myelodysplastischen Syndrome

Bei den myelodysplastischen Syndromen (MDS) handelt es sich um eine Gruppe klonaler myeloischer Erkrankungen, die durch dysplastische Veränderungen einer oder mehrerer myeloischer Zelllinien bei ineffektiver Erythropoese gekennzeichnet sind. Im weiteren Krankheitsverlauf erhöht sich mit zunehmender hämatopoetischer Insuffizienz das Risiko der Transformation in eine AML. Betroffen sind überwiegend ältere Patienten mit einem medianen Alter von 65 Jahren bei Erstmanifestation. Die durchschnittliche Neuerkrankungsrate liegt bei ca. 3-5 von 100.000 pro Jahr.

Neue Verfahren: Immunphänotypisierung und Verlaufsbeurteilung des MDS

Neben etablierten Diagnoseverfahren wie Zytomorphologie, Histologie und Zytogenetik hat in den letzten Jahren die Immunphänotypisierung in der Diagnostik und Verlaufsbeurteilung des MDS zunehmend an Bedeutung gewon-nen. 2009 wurden in der Konsensus-Veröffentlichung des Europäischen Leukämie-Netzwerkes (Leukemia.net) erst-mals Kriterien zur Standardisierung der Multiparameter-Durchflusszytometrie im Rahmen der MDS-Diagnostik erar-beitet.¹ Die durchflusszytometrische Erfassung von Dysplasiezeichen beinhaltet neben der Quantifizierung des Blas-tenanteils insbesondere die Erfassung von Expressionsverlusten auf myeloischen Zellen, Monozyten und Erythrozy-tenvorläufern. Von Bedeutung sind auch aberrante Expressionmuster wie z. B. die Koexpression eines linienfremden lymphatischen Antigens auf myeloischen Zellen. Häufig zu beobachten ist auch ein verändertes Streulichtverhalten, vor allem die Verminderung des Seitwärts-Streulichtes als Hinweis auf eine Hypogranulation. Bei der Analyse der immunologischen Ausreifung sind pathologische Differenzierungsmuster wegweisend für eine Reifungsstörung.²

Die durchflusszytometrischen Messungen zeigen insgesamt eine gute Korrelation mit der Zytomorphologie, der MDS-Subklassifikation gemäß WHO sowie mit prognostischen Scoring-Systemen. So konnte gezeigt werden, dass die durchflusszytometrisch nachweisbare Dysplasie myeloischer und monozytärer Zellen korreliert mit dem Inter-national Prognostic Scoring System (IPSS), dem WHO-adjusted Prognostic Scoring System (WPSS), mit der Transfu-sionsabhängigkeit sowie mit dem Zeitintervall bis zur Transformation in eine AML. Zudem trägt die MFC zur Unter-scheidung der klinisch und prognostisch relevanten Einlinien-Dysplasie (RCUD) von der Mehrlinien-Dysplasie (RCMD) bei.

Die Zu- oder Abnahme aberranter Expressionsmuster kann einerseits eine Krankheitsprogression, andererseits ein Therapieansprechen bzw. eine Remission anzeigen – insbesondere in Fällen mit unauffälligem Karyotyp und fehlen-den molekularen Verlaufsmarkern. So ist z.B. die aberrante Koexpression von CD7 und/oder TdT auf Myeloblasten auch bei noch geringem Blastenanteil von weniger als 5% im Knochenmark-Aspirat als prognostisch ungünstig einzu-stufen.³

Durch eine Kombination von 20 verschiedenen Antikörpern in der 10-Farb-Durchflusszytometrie erfassen wir nahe-zu alle beschriebenen aberranten Expressionsmuster der erythrozytären Zellen sowie der Leukozytensubpopulatio-nen. (siehe nachfolgende Tabelle).

Nachweisbare aberrante Expressionmuster bei MDS-Patienten (modifiziert nach (1) und eigenen Erfahrungen)

Bestimmt wird die Antigendichte von CD45, CD13, CD33, CD10, CD16, CD11b, CD14, CD64 und CD36 auf myeloischen und monozytären Zellen sowie die Antigendichte von CD235a und CD71 auf erythrozytären Zellen. Die Ausreifung der myeloischen Zellen wird über die kombinierte Analyse der Antigene CD13, CD11b und CD16 geprüft.

Zur Detektion und ggf. Quantifi-zierung der Progenitorzellen werden die Antigene CD34, CD117 und HLA-DR eingesetzt.

Die linienfremde Expression lymphatischer Antigene auf myeloischen Zellen wird über die T-Zellantigene CD2 und CD7 sowie über das B-Zell-antigen CD19 erfasst. Anhand eines Kol-lektivs von Gesunden wurde als Referenzbereich ein Fluores-zenz-index von 400-500 FI ermit-telt. Verminderte FI-Werte deu-ten auf einen Expressionsverlust, erhöhte FI-Werte auf eine Überexpression hin.

DysplasiezeichenErythroide ZellenMyelo-zytenGranulo-zytenMono-zyten
Hypogranularitätx
Atypische Expression von CD45 xxx
Expressionsverlust von CD10 x
Atypische Expression von CD13 xxx
Atypische Expression von CD33 xxx
Atypische Expression von CD15 xx
Atypisches CD16/CD13 Expr.- Musterx
Atypisches CD11b/CD13 Expr.- Musterx
Atypische Expression von CD14Ax
Atypische Expression von CD64xx
Atypische Expression von CD36 xxx
Atypische Expression von CD235a x
Atypische Expression von CD71 x
Koexpression von CD34 xx
Koexpression von CD117 xx
Atypische Expression von HLA-DRxx
Linienfremde Expression von CD2x
Linienfremde Expression von CD5 x
Linienfremde Expression von CD7 x
Linienfremde Expression von CD19 x
Linienfremde Expression von CD56 xxx


Untersuchungsmaterial
Als bevorzugtes Untersuchungsmaterial benötigen wir Heparin- oder EDTA-antikoaguliertes Knochenmark-Aspirat, das innerhalb von 24 Stunden nach Aspiration analysiert werden muss. Nach eigenen Erfahrungen kann bei ausge-prägter Panzytopenie auch peripheres Blut eingesetzt werden. Aufgrund der variablen peripheren Ausschwemmung dysplastischer Zellen hat die Analyse von peripherem Blut jedoch nur eingeschränkte Aussagekraft.

TestverfahrenMultiparameter-Durchflusszytometrie (MFC)
Material3 ml KM-Aspirat (EDTA), eingeschränkt auch peripheres EDTA-Blut
AbrechnungEBM: 22x 32527 / GOÄ: 3x 3696 + 19x 3697

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Dr. J. OwczarskiDr. D. Hoffmann
Telefon 0221 / 940 505-613Telefon 0221 / 940 505-609
 j.owczarski@wisplinghoff.ded.hoffmann@wisplinghoff.de 

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Literatur:

  1.  van de Loosdrecht et al.: Standardization of flow cytometry in mylodysplastic syndromes: Report from the first European Leukemia Net working conference on flow cytometry in myelodysplastic syndromes. Haematologica 94: 1124-1134 (2009)
  2.  Locken et al.: Flow cytometry in myelodysplastic syndromes: Report from a working conference. Leukemia Research 32: 5-17 (2009)
  3.  van de Loosdrecht et al.: Identification of distinct prognostic subgroups in low-cytometry. Blood 111: 1067-1077 (2008)