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Masern – eine typische Kinderkrankheit?

Immer wieder geraten die Masern aufgrund lokaler Krankheitshäufungen in den Fokus der Berichterstattung – so wie seit dem Jahreswechsel durch einen Ausbruch in Berlin. Mittlerweile wurden mehrere Hundert erkrankte Personen registriert. Mitte Februar ist ein anderthalbjähriger Junge an den Folgen seiner Masernerkrankung in Berlin verstorben. Neben Kleinkindern erkranken vor allem junge Erwachsene; sie weisen mittlerweile erhebliche Impflücken bei Masern auf.

Die Masern sind eine systemische Virusinfektion mit zweiphasigem Verlauf. Masern haben einen sehr hohen Kontagiositätsindex und zählen zu den ansteckendsten Erkrankungen. Die Infektion erfolgt als Tröpfcheninfektion oder durch Kontakt zu infektiösen Sekreten.

Klinische Symptome

ErkrankungsbeginnFieber
Konjunktivitis
Enanthem der Mundschleimhaut (Koplik-Flecken)
Husten, Schnupfen
3. – 7. Tagmakulopapulöses Exanthem
- bräunlich-rosa, konfluierend
- zuerst im Gesicht und retroaurikulär
- rasch generalisierend
KomplikationenOtitis media
Pneumonie
Enzephalitis
SSPE


Derzeit ist keine spezielle antivirale Therapie verfügbar. Neben symptomatischen Maßnahmen kommt bei Bedarf eine antibiotische Behandlung infrage.

Masern können zu ernsthaften gesundheitlichen Komplikationen führen. Bei einer Infektion stellt sich für etwa sechs Wochen eine vorübergehende Immunschwäche ein, die bakterielle Superinfektionen begünstigt: Am häufigsten kommt es zu Otitis media, Pneumonie, Bronchitis oder Diarrhoe. Besonders gefürchtet ist die postinfektiöse Masernenzephalitis, die jeden 1.000 Patienten trifft. Sie macht sich circa 4 – 7 Tage nach Auftreten des Hautausschlags durch Kopfschmerzen, Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma bemerkbar. In 2 – 3 von 10 Fällen tragen Erkrankte bleibende Schäden am ZNS davon, bei 1 – 2 von 10 endet sie tödlich.

Eine seltene Spätfolge einer Maserninfektion ist die stets tödlich endende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE): Sie manifestiert sich meist 6 – 8 Jahre nach der Infektion und geht mit neurologischen Störungen und Ausfällen einher. Kinder unter 5 Jahren sind empfänglicher, in dieser Gruppe zeigen sich 20 – 60 SSPE-Fälle pro 100.000 Masernerkrankungen. Bei älteren Betroffenen liegt die Zahl bei etwa 4 – 11 Fällen pro 100.000.

Mitigierte Masern: Es handelt sich um einen abgeschwächten Infektionsverlauf. Die Patienten weisen zum Zeitpunkt der Infektion einen Restschutz auf, zum Beispiel durch einen noch verbliebenen maternalen Nestschutz oder im Rahmen eines Impfdurchbruchs bei inkompletter Impfimmunität. Das klinische Bild ist häufig abgeschwächt, ein untypisches Exanthem ist möglich. Von einer Infektiosität der Betroffenen ist auszugehen.

Meldepflicht: Die Masernerkrankung, aber auch schon der klinische Verdacht der Infektion, ist nach IfSG mel-depflichtig.

Labordiagnostik

Eine Infektion kann durch einen kombinierten Masern-IgG- und -IgM-Antikörpernachweis bestätigt werden. Die Masern-IgM-Antikörper sind mit Auftreten des Exanthems in der Regel positiv. Bei einem Teil der Infizierten kann die Serokonversion zu Masern-IgM-Ak um wenige Tage verzögert auftreten, hier ist eine Verlaufskontrolle indiziert. Es kann die Ausnahmekennziffer 32006 eingesetzt werden.

Zusätzlich ist eine Masern-RNA-PCR aus geeignetem Material wie zum Beispiel Blut, Konjunktival- oder Rachenabstrich möglich. Derzeit ist die Masern-PCR keine Leistung der GKV.

Der Immunschutz lässt sich mittels Masern-IgG-Antikörperbestimmung überprüfen. 

Masernschutzimpfung

Die Masernschutzimpfung zählt zu den von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Standardimpfungen. Sie erfolgt mit einem Lebendimpfstoff aus abgeschwächten Masernviren – in der Regel als Kombinationsimpfstoff MMR oder MMRV. Die Impfung erzeugt eine humoral und zellulär vermittelte Immunität.

  • Standardimpfung Kinder: zwei Dosen (1.: 11 – 14 Monate, 2.: 15 – 23 Monate); bei entsprechender epidemiologischer Lage kann auch schon ab dem 9. Lebensmonat geimpft werden.
  • einmalige MMR-Standardimpfung für alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren und ungeimpft sind oder als Kind nur einmal geimpft wurden oder bei denen der Impfstatus unklar ist.

Zwei dokumentierte Masernimpfungen sprechen für einen ausreichenden Schutz vor einer Maserninfektion. Man geht nach der zweiten Masernimpfung von einer Impfeffektivität zur Verhinderung einer Masernerkrankung von 92 – 99 % aus.

Postexpositionsprophylaxe: Kinder ab dem 9. Lebensmonat und Personen mit nur einer Masernimpfung sowie Personen mit unklarem Impfstatus können bis zu drei Tage nach Exposition eine Masernimpfung, vornehmlich MMR-Impfstoff, erhalten.
 
Bei Rückfragen steht Ihnen Dr. med. Roger Grosser, Facharzt für Laboratoriumsmedizin und Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Labor Dr. Wisplinghoff

 
Literatur:

  1. Online-Informationen „Measles“ des CDC (Centers for Disease Control and Prevention), Stand: März 2015
  2. Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales Berlin vom 23.02.2015
  3. Online-Informationen des Gesundheitsamts des Bezirksamts Berlin Steglitz-Zehlendorf
  4. Masern. RKI-Ratgeber für Ärzte (Stand: 19.05.2014)