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Pharmakogenetik

Pharmakogenetik

Die Reaktion auf Arzneimittel variiert von Mensch zu Mensch. Dies gilt sowohl für die gewünschten therapeutischen Effekte als auch für die unerwünschten Nebenwirkungen.
Ein erheblicher Teil dieser interindivuellen Variationsbreite läßt sich durch genetische Faktoren erklären. Die entsprechenden Mutationen oder Polymorphismen (genetischen Varianten) betreffen Gene, die im Abbau von Medikamenten, in ihrem transmembranösen Transport oder an ihrem zellulären Wirkungsort eine Rolle spielen.

Es sind vor allem folgende Mechanismen von Bedeutung:

  • Wirkungsverstärkung und / oder -verlängerung und erhöhtes Nebenwirkungsrisiko bei einer Störung des Katabolismus eines Arzneimittels
  • Wirkungsverlust eines Arzneimittels, wenn sein Katabolismus gestört ist und die biologische Aktivität nicht von dem verabreichten Medikament selbst, sondern von einem Metaboliten entfaltet wird Wirkungsverstärkung oder -abschwächung bei vermehrter oder verminderter enteraler Resorption eines Arzneimittels durch transmembranöse Transporterproteine bzw. deren genetisch determinierte Varianten
  • Wirkungsverstärkung oder -abschwächung bei vermehrtem oder vermindertem Transport eines Arzneimittels über die Blut-Hirnschranke durch Transporterproteine bzw. deren genetisch determinierte Varianten
  • Wirkungsverstärkung oder -abschwächung eines Arzneimittels durch genetische Varianten ihrer zellulären Targets, z. B. Rezeptoren, Ionenkanäle oder intrazelluläre Signaltransduktoren

Cytochrom P450 CYP2C9

Klinische Bedeutung

Innerhalb der Phase I-Gruppe von Enzymen stellen die Cytochrom P450 (CYP) Häm-Monooxygenasen die wichtigste Gruppe dar. Neben endogenen oxidieren sie auch exogene Substanzen. Klinisch von Bedeutung sind vor allem diejenigen Mitglieder dieser Enzymfamilie, die über die Oxidation pharmakologisch wirksamer Substanzen in den Medikamenten-Metabolismus eingreifen.
Für das Cytochrom P450 CYP2C9 sind funktionelle Varianten bekannt, die die enzymatische Aktivität und damit die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen. Wichtige Substrate des Cytochroms CYP2C9 sind nichtsteroidale Antiphlogistika (z. B. Diclofenac, Ibuprofen, Piroxicam, Meloxicam, Naproxen, Suprofen), Sulfonylharnstoffe (z. B. Glibenclamid, Glimepirid, Glipizid, Tolbutamid), Angiotensin-II-Blocker (Irbesartan, Losartan) sowie Amitriptylin, Celecoxib, Fluoxetin, Fluvastatin, Glyburid, Nateglinid, Phenytoin, Rosiglitazon, Sulfamethoxazol, Tamoxifen, Torasemid und Warfarin.

Indikation
Unerwartete Arzneimittelreaktionen (verstärkte Nebenwirkungen, abgeschwächte Wirksamkeit)

Material
2-5 ml EDTA-Blut

Dauer der Untersuchung

1-2 Wochen

Methode

DNA-Extraktion, PCR; Nachweis durch Sequenzierung bzw. Schmelzkurven-Analyse (QF-PCR; Lightcycler)

Cytochrom P450 CYP2C19

Klinische Bedeutung

Innerhalb der Phase I-Gruppe von Enzymen stellen die Cytochrom P450 (CYP) Häm-Monooxygenasen die wichtigste Gruppe dar. Neben endogenen oxidieren sie auch exogene Substanzen. Klinisch von Bedeutung sind vor allem diejenigen Mitglieder dieser Enzymfamilie, die über die Oxidation pharmakologisch wirksamer Substanzen in den Medikamenten-Metabolismus eingreifen.
Für das Cytochrom P450 CYP2C19 sind 11 verschiedene Allele beschrieben, von denen die meisten Defektvarianten darstellen. Ist ein Patient homozygoter Träger für eine solche Defektvariante, so baut er bestimmte Medikamente langsamer ab als andere Menschen ("langsamer Metabolisierer" = "poor metabolizer" PM). Nebenwirkungshäufigkeit und -intensität bei PM-Patienten sind daher bei Gabe einer Standard-Arzneimitteldosis höher als bei intermediären, schnellen oder ultraschnellen Metabolisierern.
Wichtige Substrate des Cytochroms P450 CYP2C19 sind Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol), verschiedene Antiepileptika (z. B. Diazepam, Phenytoin, S-Mephenytoin, Phenobarbital) sowie Amitriptylin, Carisoprolol, Citalopram, Clomipramin, Cyclophosphamid, Hexobarbital, Imipramin, Indomethacin, R-Mephobarbital, Moclobemid, Nelfinavir, Nilutamid, Primidon, Progesteron, Proguanil, Propanolol, Teniposid und R-Warfarin.

Indikation
Unerwartete Arzneimittelreaktionen (verstärkte Nebenwirkungen, abgeschwächte Wirksamkeit)

Material
2-5 ml EDTA-Blut

Dauer der Untersuchung
1-2 Wochen

Methode
DNA-Extraktion, PCR; Nachweis durch Sequenzierung bzw. Schmelzkurven-Analyse (QF-PCR; Lightcycler)

Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Defizienz; 5-FU-Toxizität

Klinische Bedeutung

Die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) katalysiert den ersten, geschwindigkeitsbestimmenden Schritt im Abbauprozess der DNA-Basen Uracil und Thymin wie auch des Chemotherapeutikums 5-Fluorouracil (5-FU) und einiger Virustatika.
Bei genetisch bedingten Funktionseinschränkungen des Enzyms kann es zu schweren neurotoxischen Nebenwirkungen kommen. Relevant ist insbesondere die sogen. "Exon-14-skipping"-Mutation, die durch ein verkürztes Enzym gekennzeichnet ist.

Indikation
Mutationsausschluss vor einer Therapie mit 5-Fluorouracil (5-FU)

Mutation

"Exon-14-skipping"-Mutation

Prävalenz

1 % heterozygote Genträger

Material

2-5 ml EDTA-Blut

Dauer der Untersuchung

1-2 Wochen

Methode

DNA-Extraktion, PCR; Nachweis durch Sequenzierung bzw. Schmelzkurven-Analyse (QF-PCR; Lightcycler)

Glutathion-S-Transferasen GST-M / GST-T1

Klinische Bedeutung

Die Multigen-Familie der Glutathion-S-Transferasen entgiftet u. a. eine Vielzahl von potentiell genotoxischen Xenobiotica, inklusive aliphatischer, heterozyklischer Radikale und karzinogen wirksamer polyzyklischer Aromate. Sechs Untergruppen wurden bislang beschrieben: GST-A, -M, -O, -P, -T, -Z. Es wurden hierbei verschiedene funktionelle Genvarianten nachgewiesen, die die Funktion bzw. Aktivität der Enzyme herabsetzen.
Da die "Entgiftungsfunktion" der Glutathion-S-Transferasen mit der Rate somatischer Mutationen im Organismus invers korreliert, kann eine erniedrigte Enzymaktivität eine Zunahme somatischer Mutationen und damit eine Riskoerhöhung für maligne Erkrankungen für betroffene, beruflich exponierte Personen bedeuten. In einer weiteren Untersuchung wurde ein schlechtes Ansprechen der Chemotherapie bei der Gruppe Patientinnen mit Ovarialkarzinom beobachtet, die genotypisch eine Kombination aus beiden Null-Genotypen von GST-M1 und GST-T1 zeigten.

Mutation

Gendeletions-Varianten GST-M1 und GST-T1

Material

2-5 ml EDTA-Blut

Dauer der Untersuchung

1-2 Wochen

Methode

DNA-Extraktion, PCR; Nachweis durch Sequenzierung bzw. Schmelzkurven-Analyse (QF-PCR; Lightcycler)

Thiopurin-S-Methyltransferase^

Klinische Bedeutung

Das Enzymprodukt des Thiopurin-S-Methyltransferase-Gens katalysiert die S-Methylierung von Thiopurinen und damit deren biochemische Inaktivierung. Thiopurine werden z. B. in Form von 6-Thioguanin, 6-Mercaptopurin oder Azathioprin als Zytostatika und Immunsuppressiva eingesetzt.
Es existieren mehrere Gen-Varianten, bei welchen Punktmutationen (Basenaustausche) die Enzymaktivität vermindern. So zeigen 10 % der Bevölkerung eine um ca. 75 % reduzierte Aktivität der TPMT. Für die hiervon betroffenen Patienten kann die Behandlung mit Thiopurinen zum vermehrten Auftreten von schweren bis lebensbedrohlichen Nebenwirkungen führen. Insbesondere drei Mutationen (Nukleotide 238, 460 und 719) sind von klinischer Relevanz.

Indikation

Mutationsausschluss vor Beginn einer Thiopurin-Behandlung
(z. B. Azathioprin, 6-Mercaptopurin)

Mutation

Nukleotide 238, 460 und 719

Material

2-5 ml EDTA-Blut

Dauer der Untersuchung

1-2 Wochen

Methode

DNA-Extraktion, PCR; Nachweis durch Sequenzierung bzw. Schmelzkurven-Analyse (QF-PCR; Lightcycler)

^ = noch nicht akkreditiert oder nicht akkreditierbarer Parameter