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Meldepflichtige Erkrankungen nach dem Infektionsschutz­gesetz (IfSG)

Aktualisierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Juli 2017

Ziel des neuen Gesetzes ist die Modernisierung des Meldewesens zur epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten. Im § 14 des IfSG wird das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz – DEMIS – geregelt. DEMIS soll bis 2020 implementiert werden.

Es werden Verbesserungen für die Arbeit in den Gesundheitsämtern angestrebt. Die Beschaffung von fehlenden oder unvollständigen Information soll einfacher gestaltet werden.  Die Auskunftspflicht Dritter Personen insbesondere der behandelnden Ärzte wird in §25 ISfG geregelt. Die ärztliche Schweigepflicht wird für diesen Zweck aufgehoben. In § 9 wird auf die Unterstützung durch den anfordernden Arzt für den Meldenden – das Labor – hingewiesen.

Es werden explizit weitere Angaben als Meldeinhalte aufgeführt, die für die epidemiologische Bewertung der aufgetretenen Infektionskrankheiten von entscheidender Bedeutung sind. Dies betrifft den Impfstatus und die intensivmedizinische Behandlung sowie Angaben zum Geburtsstaat, Staatsangehörigkeit und Jahr der Einreise bei Meldungen zu Tuberkulose, Hepatitis B und C.

§ 27 IfSG regelt auch den Austausch von Informationen mit anderen Behörden, die bei der Be-arbeitung von Infektionsgeschehen informiert und ggf. beteiligt werden sollen, um den Informationsfluss zu verbessern. Analog hierzu wurden zeitgleich Änderungen des Tiergesund-heitsgesetzes und des Chemikaliengesetzes für die anderen Behörden eingeführt.

Weitere Änderungen sind die Ausweitungen bei der Meldepflicht für HBV, HCV und HDV, es werden zukünftig alle Nachweise unabhängig vom klinischen Bild – symptomatisch oder asymptomatisch – oder Stadium – akut oder chronisch – gemeldet, um die epidemiologische Situation besser zu erfassen.

Die Meldepflicht für den Nachweis von Corynbacterium diphtheriae (Toxin bildend) und von Yersinia enterocolitica (darmpathogen) wurde auf die Nachweise anderer Spezies von Toxin bildenden Corynebakterien und darmpathogenen Yersinien ausgedehnt.

Zudem sind nun alle Norovirus-Nachweise unabhängig vom Untersuchungsmaterial mel-depflichtig, soweit sie auf eine akute Infektion hinweisen.

Neuerungen

  • HBV: alle Nachweise einer aktiven HBV: Symptomatisch/asymptomatisch – akut/chronisch
  • HCV: alle Nachweise einer aktiven HBV: Symptomatisch/asymptomatisch – akut/chronisch
  • HDV: alle Nachweise einer aktiven HBV: Symptomatisch/asymptomatisch – akut/chronisch
  • Yersinien: Nachweis aller Spezies
  • Corynebacterium: Nachweis aller Toxin bildenden Corynebakterien
  • Noroviren: Nachweis unabhängig vom Material

Scabies in Gemeinschaftseinrichtungen

Bei den Meldungen von Skabies-Erkrankungen bzw. deren Verdacht wird der Kreis der zu meldenden um Gemeinschaftseinrichtungen erweitert: Neben Einrichtungen, die überwiegend Säuglinge, Kinder und Jugendliche betreuen, sollen Leiter von Pflegeeinrichtungen für ältere, behinderte oder pflegebedürftige Menschen, von Obdachlosenunterkünften, von Asylunterkünften und sonstigen Massenunterkünften sowie von JVAs melden.

Nosokomiale Infektionen

Es wurden Anpassungen des IfSG vorgenommen, um die Erfassung und das Management von nosokomialen Infektionen und Kolonisationen sowie von Ausbruchsgeschehen zu verbessern.

In § 6 Abs. 3 IfSG wird nun definiert, dass das Auftreten von zwei oder mehr nosokomialen Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, für ein gehäuftes Auftreten nosokomialer Infektionen spricht.

Die nichtnamentliche Meldung nach § 10 Abs. wird um einzelfallbasierte Informationen und auch Angaben zu den zum Ausbruchsgeschehen dazugehörigen Kolonisationen ergänzt.

Der Nachweis von Kolonisationen unter Berücksichtigung der Art der Krankheitserreger,  der Häufigkeit ihres Nachweises sowie bei Hinweis auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit wird in §7 geregelt.

§ 9 Abs. 4 IfSG gibt explizit vor, dass bei allen Meldungen von meldepflichtigen Krankheiten, bei denen sich die betroffene Person in einem Krankenhaus oder anderen Einrichtung aufhält, die der infektionshygienischen Überwachung durch das Gesundheitsamt unterliegt, die Meldung an das Gesundheitsamt erfolgen, in dem sich die Einrichtung befindet.

Zusammenfassung – Änderung bei nosokomialen Infektionen

  • § 6 : ≥ 2 nosokomialen Infektionen gilt als Häufung
  • §10 : Nosokomiale Infektion bei nicht namentlicher Meldung mit Informationen zum Einzelfall und zur Kolonisation beim Ausbruchgeschehen,   
  • §7 : bei Gefahr für die Allgemeinheit – Nachweis von Kolonisation, Krankheitserreger sowie die Häufung
  •  §9 : Meldung an das Gesundheitsamt, das für das Krankenhaus zuständig ist

Surveillance

Mit § 13 Abs. 3 IfSG wird die Möglichkeit geschaffen, dass Labore verpflichtet werden können, Untersuchungsmaterial und Erregerisolate, aus dem meldepflichtige Nachweise von bestimmten Krankheitserregern gewonnen wurden, zum Zwecke weiterer Untersuchungen und der Verwahrung an bestimmte Einrichtungen der Spezialdiagnostik abzuliefern.  Typisierungsergebnisse sind ebenfalls melde- und übermittlungspflichtig.

Mit der Implementierung von DEMIS führt dies zu einer besseren Erfassung der Meldedaten und Auswertung von bundesweiten molekularen Daten. In der Gesetzesänderung werden die  internationalen Aufgaben und Berichtspflichten des RKI angepasst. 

Das RKI stellt die Belehrungsbögen und die Falldefinitionen aktualisiert auch auf den RKI-Internetseiten zur Verfügung. Die Umsetzung in der Erfassungs- und Übermittlungssoftware soll im Herbst 2017 erfolgen.

Quelle: Bundesgesetzblatt und RKI Juli 2017

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. med. Roger Grosser
Facharzt für Laboratoriumsmedizin
Facharzt für Mikrobiologie, Virologie, Infektionsepidemiologie
Tel.: 0221 940 505 202
E-Mail: r.grosser@wisplinghoff.de

Hier finden Sie weitere Informationen bezüglich der Änderungen des Meldewesens zur epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten: